Die Großzügigkeit des weitläufigen, sanft ansteigenden Anwesens lässt das zurückhaltend, ja bescheiden gestaltete Haus Carl Orffs erhaben wirken. Dazu trägt auch die vom Architekten Alwin Seifert aus dem Vorgängerbau heraus entwickelte Gliederung in zwei Baukörper bei: Er errichtete in den 1950er Jahren für Orff ein Wohnhaus und ein Arbeitshaus zwischen denen der Komponist täglich über eine Pergola verkehrte. Gemeinsam bilden diese drei Elemente ein ausgreifendes, die Landschaft umarmendes Ensemble. Die Architektur des Orff-Hauses ist eine dezidiert traditionsbewusste wenn nicht gar konservative.
Die Haltung des Ergänzungsbaus folgt jedoch der Maxime: respektvoll aber ohne Berührungsängste. Die bauliche Idee Seiferts soll durch den Anbau nicht kontrastiert, sondern interpretiert und differenziert fortgeschrieben werden. Der Anbau ist flach und eingeschossig im Bereich hinter der Pergola des Bestandshauses, von Osten her beinahe unsichtbar. Hier sind im Erdgeschoss das Foyer mit Empfang sowie die drei größeren Ausstellungsräume untergebracht. Unter ihnen sticht das Volumen des Saals für Wechselausstellungen durch seine Höhe heraus und kann auch als „das dritte Haus“ im Ensemble interpretiert werden.
Der Besuch soll als ein langsamer, flüssiger Spaziergang durch das Haus empfunden werden.Die Anordnung der Räume bietet unterschiedliche Möglichkeiten der Wegeführung für die Besucher an, orientiert sich jedoch an der von der Carl-Orff-Stiftung angedachten Abfolge. Den Ergänzungsbau kennzeichnet eine robuste, dem ländlichen Kontext und dem Bestand angemessene Konstruktion. Großformatige, weiß geschlämmte Kalksandsteine verkleiden die tragenden Mauern des Gebäudes. Das gewählte Material unterscheidet Neu und Alt aus der Ferne nur subtil, aus der Nähe deutlich.
Dießen am Ammersee 2019
Fthenakis Ropee Architektenkooperative